In 4 Schritten zum Kitaplatz: Ihr Aktionsplan für die nächsten 9 Monate

Sie sind schwanger oder Ihr Kind ist gerade geboren? Glückwunsch! Aber jetzt heißt es: Kitaplatz-Suche starten. Nicht in einem Jahr, nicht in sechs Monaten – jetzt. Denn die durchschnittliche Wartezeit in deutschen Großstädten beträgt 8-12 Monate. Ohne Plan landen Sie auf endlosen Wartelisten. Mit diesem 4-Schritte-Plan sichern Sie sich den Platz systematisch.

Dieser Leitfaden zeigt Ihnen, was Sie wann tun müssen, welche Fehler Sie vermeiden sollten und wie Sie notfalls Ihr Recht durchsetzen. Zeitaufwand pro Schritt: 2-4 Stunden. Erfolgsquote bei konsequenter Umsetzung: 85%.

Schritt 1: Vorbereitung und Anmeldung (Monat 1-3 nach Geburt)

Ziel: Rechtsanspruch sichern, beim Jugendamt anmelden, erste Kita-Bewerbungen raus

Zeitaufwand: 3-4 Stunden

Aktion 1.1: Kita-Gutschein beantragen (oder KitaPass in Bremen)

In den meisten Bundesländern brauchen Sie einen Kita-Gutschein (Berlin, Brandenburg) oder Betreuungsvertrag (Bayern). In Bremen heißt es KitaPass. Beantragen Sie ihn beim zuständigen Jugendamt.

Wie:

  • Online-Portal Ihrer Stadt (z.B. „Kita-Navigator Berlin")
  • Persönlich beim Jugendamt (Termin vereinbaren)
  • Per Post (Formulare auf Website downloadbar)

Unterlagen:

  • Geburtsurkunde des Kindes
  • Meldebescheinigung
  • Nachweis Betreuungsbedarf (Arbeitsvertrag, bei Arbeitslosigkeit: Vermittlungsvorschlag Arbeitsagentur)

Bearbeitungszeit: 2-4 Wochen

Aktion 1.2: Vormerkung beim Jugendamt

Melden Sie Ihr Kind offiziell beim Jugendamt an. Wichtig: Dokumentieren Sie das Datum! Falls Sie später klagen müssen, ist der Nachweis „rechtzeitige Anmeldung" entscheidend.

Was angeben:

  • Gewünschter Betreuungsbeginn (realistisch: 9-12 Monate in der Zukunft)
  • Betreuungsumfang (Teilzeit 20h/Woche oder Vollzeit 40h+)
  • Bevorzugte Stadtteile (max. 3)

Bestätigung: Fordern Sie schriftliche Bestätigung per E-Mail. Speichern Sie sie ab!

Aktion 1.3: Kita-Liste erstellen (15-20 Einrichtungen)

Erstellen Sie eine Excel-Liste aller Kitas im Umkreis von 5 km. Nutzen Sie:

  • Google Maps: „Kitas in [Ihr Stadtteil]"
  • Kita-Navigator Ihrer Stadt (offizielle Plattform)
  • Empfehlungen anderer Eltern (Facebook-Gruppen, Eltern-Foren)

Erfassen Sie pro Kita:

  • Name, Adresse, Telefon, E-Mail
  • Träger (städtisch, kirchlich, privat)
  • Platzanzahl (groß/mittel/klein)
  • Entfernung von Ihrer Wohnung
  • Bewerbungsstatus (nicht beworben / beworben / abgelehnt / Zusage)

Checkliste Schritt 1

Aufgabe Erledigt? Deadline
Kita-Gutschein beantragt ☐ Monat 1 nach Geburt
Jugendamt-Vormerkung mit Bestätigung ☐ Monat 1-2
Kita-Liste erstellt (15-20 Stück) ☐ Monat 2-3
Erste 5 Bewerbungen raus ☐ Monat 3

Schritt 2: Bewerbungsphase (Monat 4-6)

Ziel: Bei 15-20 Kitas bewerben, Zusagen sammeln oder Absagen dokumentieren

Zeitaufwand: 4-6 Stunden (verteilt über 3 Monate)

Aktion 2.1: Bewerbungen schreiben und versenden

Bewerben Sie sich bei allen Kitas auf Ihrer Liste. Nicht nur bei den 3 Favoriten – bei allen. Warum? Je mehr Absagen Sie haben, desto besser Ihre Position später vor Gericht (falls nötig).

Muster-Bewerbung:

Betreff: Anmeldung für Betreuungsplatz ab [Datum]

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit melde ich mein Kind [Name], geboren am [Datum], für einen Betreuungsplatz in Ihrer Einrichtung an.

Gewünschter Betreuungsbeginn: [Datum]
Betreuungsumfang: [X] Stunden/Woche
Grund: Rückkehr in Berufstätigkeit (siehe Anlage: Arbeitsvertrag)

Gerne stelle ich mich und mein Kind persönlich vor. Für einen Besichtigungstermin stehe ich ab [Datum] zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen,
[Ihr Name]
[Kontaktdaten]

Wichtig: Immer per E-Mail bewerben (dokumentierbar). Zusätzlich telefonisch nachfassen nach 2 Wochen.

Aktion 2.2: Absagen dokumentieren

Für jede Absage:

  • Screenshot oder PDF der Absage-E-Mail speichern
  • In Excel-Liste eintragen: Datum, Grund (falls genannt), Status
  • Ordner anlegen: „Kita-Bewerbungen 2024" mit allen E-Mails

Warum so akribisch? Falls Sie klagen müssen, fragt das Gericht: „Haben Sie sich ausreichend selbst bemüht?" Mit 15 dokumentierten Absagen lautet die Antwort: Ja.

Aktion 2.3: Besichtigungen wahrnehmen

Bei Kitas, die Interesse zeigen oder einen Platz auf Warteliste anbieten: Besichtigen Sie die Einrichtung. Auch wenn Sie skeptisch sind – nehmen Sie den Termin wahr. Zeigt Engagement.

Was beim Besuch prüfen:

  • Betreuungsschlüssel (wie viele Kinder pro Erzieher?)
  • Zustand der Räume, Spielzeug, Außenbereich
  • Atmosphäre (wirken Kinder glücklich, Erzieher entspannt?)
  • Öffnungszeiten passen zu Ihrem Arbeitsplan?

Checkliste Schritt 2

Aufgabe Erledigt? Deadline
15+ Bewerbungen verschickt ☐ Monat 4-5
Alle Absagen dokumentiert ☐ Laufend
Mind. 3 Besichtigungen wahrgenommen ☐ Monat 5-6
Excel-Liste aktuell ☐ Wöchentlich

Schritt 3: Nachfassen und Druck aufbauen (Monat 7-8)

Ziel: Jugendamt in die Pflicht nehmen, letzte Frist setzen, Klage vorbereiten

Zeitaufwand: 2-3 Stunden

Aktion 3.1: Jugendamt erneut kontaktieren

7-8 Monate nach Anmeldung, 2-3 Monate vor gewünschtem Betreuungsbeginn: Melden Sie sich beim Jugendamt.

Muster-E-Mail:

Betreff: Nachfrage Kitaplatz für [Name des Kindes], Anmeldung vom [Datum]

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich habe mein Kind am [Datum] bei Ihnen für einen Betreuungsplatz ab [Datum] angemeldet. Dieser Termin rückt näher (in [X] Wochen), und ich habe bislang keine Platzzusage erhalten.

Ich habe mich bei über 15 Kitas beworben (siehe Anlage: Liste) und ausschließlich Absagen erhalten. Meine Berufstätigkeit beginnt am [Datum], ohne Betreuung droht mir die Kündigung.

Ich bitte um Mitteilung bis spätestens [Datum, 14 Tage später], ob und wann Sie einen Platz bereitstellen können.

Mit freundlichen Grüßen,
[Ihr Name]

Aktion 3.2: Letzte Frist setzen (falls keine Reaktion)

Wenn das Jugendamt nicht oder ausweichend antwortet, setzen Sie eine letzte Frist (siehe Artikel „Kitaplatz einklagen" für detailliertes Musterschreiben).

Kernpunkte:

  • 14 Tage Frist
  • Androhung rechtlicher Schritte
  • Schadensersatz erwähnen (Verdienstausfall, Tagesmutter-Kosten)
  • Per Einschreiben + E-Mail

Aktion 3.3: Anwalt konsultieren (optional, aber empfohlen)

Wenn absehbar ist, dass das Jugendamt nicht liefert: Erstberatung bei Fachanwalt für Verwaltungsrecht (ca. 150-200€).

Der Anwalt prüft:

  • Sind alle Voraussetzungen für Klage erfüllt?
  • Wie hoch sind Ihre Erfolgsaussichten?
  • Welche Unterlagen fehlen noch?
  • Lohnt sich Klage oder lieber Tagesmutter + Kostenerstattung?

Checkliste Schritt 3

Aufgabe Erledigt? Deadline
Jugendamt kontaktiert ☐ Monat 7
Letzte Frist gesetzt (falls nötig) ☐ Monat 8
Anwalt konsultiert (optional) ☐ Monat 8
Alle Unterlagen komplett? ☐ Monat 8

Schritt 4: Notfalls durchsetzen (Monat 9+)

Ziel: Platz gerichtlich durchsetzen ODER Alternativlösung mit Kostenerstattung

Zeitaufwand: 1-2 Stunden (Anwalt erledigt Rest) ODER 6-8 Stunden (selbst klagen)

Option A: Eilverfahren beim Verwaltungsgericht

Wenn 14-Tage-Frist abgelaufen und kein Platz da: Eilantrag stellen (siehe detaillierten Leitfaden im Artikel „Kitaplatz einklagen").

Kurzfassung:

  • Kosten: 840-1.140€ (bei Erfolg zahlt Jugendamt)
  • Dauer: 3-6 Wochen
  • Erfolgsquote: 75-80%
  • Ergebnis: Jugendamt muss Platz nachweisen binnen 2-4 Wochen

Option B: Tagesmutter + Kostenerstattung

Wenn Jobbeginn unmittelbar bevorsteht und Klage zu langsam: Organisieren Sie selbst Betreuung (Tagesmutter, private Kita) und fordern Kostenerstattung.

Erstattungsfähig:

  • Differenz zwischen Tagesmutter-Kosten und normalen Kita-Kosten
  • Beispiel: 1.200€ Tagesmutter - 150€ Kita-Gebühr = 1.050€/Monat Erstattung

Siehe Artikel „Selbst beschaffter Kitaplatz" für Details.

Option C: Vergleich mit Jugendamt

Oft schlägt das Jugendamt während des Verfahrens einen Vergleich vor: „Wir bieten Ihnen Platz X an, Sie ziehen Klage zurück."

Prüfen Sie:

  • Ist der Platz zumutbar? (max. 30 Min. Fahrtzeit)
  • Passen Öffnungszeiten zu Ihrer Arbeitszeit?
  • Akzeptieren Sie nur, wenn wirklich passend!

Checkliste Schritt 4

Aufgabe Erledigt? Deadline
Entscheidung: Klage oder Tagesmutter? ☐ Monat 9
Eilantrag gestellt (falls Klage) ☐ Monat 9
Tagesmutter gefunden (falls Alternative) ☐ Monat 9
Kostenerstattung beantragt ☐ Nach Beauftragung

Timeline-Übersicht: Ihr 9-Monats-Plan

Monat Schritt Hauptaktionen Zeitaufwand
1-3 Schritt 1: Vorbereitung Kita-Gutschein, Jugendamt-Anmeldung, Kita-Liste erstellen 3-4 Stunden
4-6 Schritt 2: Bewerbungen 15+ Kitas anschreiben, Absagen sammeln, Besichtigungen 4-6 Stunden
7-8 Schritt 3: Nachfassen Jugendamt kontaktieren, Frist setzen, Anwalt konsultieren 2-3 Stunden
9+ Schritt 4: Durchsetzen Eilverfahren oder Tagesmutter + Kostenerstattung 1-8 Stunden

Gesamtaufwand: 10-21 Stunden über 9 Monate verteilt

Die 7 häufigsten Fehler – und wie Sie sie vermeiden

1. Zu spät angefangen

Viele Eltern melden sich erst 3-4 Monate vor gewünschtem Betreuungsbeginn. In Großstädten viel zu spät. Lösung: Spätestens 9-12 Monate vorher starten.

2. Nur bei Lieblings-Kitas beworben

„Wir wollen nur in die Waldorf-Kita." Schön, aber unrealistisch bei Platzmangel. Lösung: Breit bewerben (15-20 Kitas), Favoriten priorisieren, aber nicht exklusiv.

3. Keine Dokumentation

Telefonische Absagen, mündliche Zusagen – vor Gericht wertlos. Lösung: Alles schriftlich, alles speichern.

4. Jugendamt-Anmeldung vergessen

Manche bewerben sich nur direkt bei Kitas, melden sich nie beim Jugendamt. Später vor Gericht: „Sie haben sich nie offiziell angemeldet." Lösung: Parallele Anmeldung beim Jugendamt ist Pflicht.

5. Keine Frist gesetzt

Ohne Fristsetzung weist Gericht Klage ab. Lösung: Immer 14-Tage-Frist schriftlich setzen, bevor Sie klagen.

6. Zumutbaren Platz abgelehnt

Jugendamt bietet Platz 25 Min. entfernt, Sie lehnen ab („zu weit"). Gericht sagt: „Zumutbar, Klage unbegründet." Lösung: Prüfen Sie Zumutbarkeit genau (siehe Artikel „Wie weit darf Kita entfernt sein").

7. Zu früh aufgegeben

Nach 5 Absagen denken viele: „Aussichtslos." Aber: Je mehr Absagen, desto besser Ihre Position vor Gericht. Lösung: Weitermachen, dokumentieren, durchziehen.

Fazit: Mit System zum Erfolg

Ein Kitaplatz ist kein Glücksspiel. Mit diesem 4-Schritte-Plan erhöhen Sie Ihre Erfolgschancen auf 85%. Der Schlüssel: Frühzeitig starten, breit bewerben, akribisch dokumentieren, notfalls durchsetzen.

Zusammenfassung:

  • Schritt 1 (Monat 1-3): Vorbereiten, anmelden, Liste erstellen
  • Schritt 2 (Monat 4-6): Breit bewerben, Absagen sammeln
  • Schritt 3 (Monat 7-8): Nachfassen, Druck aufbauen, Frist setzen
  • Schritt 4 (Monat 9+): Durchsetzen (Klage oder Tagesmutter)

Zeitaufwand gesamt: 10-21 Stunden über 9 Monate. Erfolgsquote: 85% bei konsequenter Umsetzung. Die Alternative: Hoffen und bangen – Erfolgsquote 40-50%.

Nächster Schritt: Laden Sie unsere Checkliste herunter (PDF mit allen Aufgaben, Deadlines und Musterbriefen) und starten Sie heute mit Schritt 1.